Es war mal wieder eine dieser Nächte – laut, unbequem, kurz … halb sechs war ich wach, weil der Pilger im Bett gegenüber die fiktive Motorsäge angeworfen und nicht wieder abgestellt hat. Gegen halb sieben war ich so genervt, dass ich meine sieben Sachen zusammengepackt habe und in den Gemeinschaftsraum gebracht habe ..,
Ich packte in aller Ruhe zusammen, aß den Rest meines Baguettes und brach auf. Es war nichts los – alle Läden und sogar die Cafés auf dem Weg hatten noch geschlossen. Also kein Kaffee – gut … ich verließ Navia.
Gleich hinter der Brücke ging es mal wieder steil den Berg hinauf. Mein Rucksack war höllisch schwer – ich hatte am Vortag neuen Proviant gekauft und insbesondere die Früchte waren schwer. Auch das sündhaft teure Gelpad an meinem linken Fuß half nur sehr wenig gegen die Belastung, die auf meinem Fuß lastete.
Der Aufstieg war sehr anstrengend und ich kam mächtig ins schwitzen. Der Ausblick war diesmal auch nicht so überwältigend – naja … man kann nicht alles haben …
Heute ging es aber insgesamt wieder sehr langsam voran – das lag vor allem an den Schmerzen im linken Fuß. Der Weg war die nächsten Kilometer eher fad. Viel Asphalt – kaum Siedlungen und immer wieder notwendige Pausen – dann brach auch noch mein Wanderstab … durch die vielen Asphaltwege war er immer kürzer geworden, so dass ich immer weiter oben anfassen musste und in den Bereich kam, in dem der Stab ohnehin schon geschwächt war durch die Verwitterung – so dass ich auf der Mauer und war genervt …
Heute wollte ich ja eigentlich den Umweg entlang der Küste gehen – es war der vorletzte Küstentag und der Abschnitt wurde mir empfohlen, weil er wohl sehr schön sein soll – aber mit schmerzenden Füßen und ohne meinen Wanderstab … ich lief weiter, ignorierte meine Füße so weit es ging und versuchte in den nächsten Ort zu kommen – nach La Caridad. Kurz vor meinem Zwischenziel begegnete ich dem Dänen wieder, der mit den Tipp mit den Gelpads gegeben hatte – aber auch ihn plagten schmerzen. Wir tauschten uns kurz aus und ich ging weiter. In La Caridad gab es endlich Cafés die auch offen hatten. So genoss ich meinen ersten Kaffee dieses Tages.
Gestärkt, ausgeruht und erleichtert setzte ich meinen Weg fort. Ich hielt nun wieder Ausschau nach einem Rohling für meinen neuen Wanderstab. Und ich hatte Glück – auf einem Haufen lagen einige Stöcke herum, die passend waren – ich suchte mir einen passenden aus, den ich im Laufe des Tages so weit bearbeitete, dass er für mich passte – ich hatte einen neuen Wanderstab und konnte meinen Weg fortsetzen.
Ich entschied mich dann doch für den Küstenweg und sollte es nicht bereuen! Endlich war auch die Sonne rausgekommen so dass ich den Weg doppelt genießen konnte. Die Aussicht war phänomenal und ich entdeckte einen kleine Bucht, bei der ich mich dazu entschied Rast zu machen, meine lange gegen eine kurze Hose zu tauschen und auch kurz ins Wasser zu gehen.
Ich genoss die Pause sehr und blieb etwa eine halbe Stunde. Dann packte ich zusammen und wollte los – allerdings war der Ausgang nicht mehr da … oder vielmehr war da, wo ich dreißig Minuten zuvor noch über Sand gehen konnte nur noch Wasser … ich war offensichtlich bei Ebbe in der Bucht gelandet und inzwischen hatte die Flut wieder eingesetzt. Ich konnte zusehen, wie das Wasser stieg und wenn ich nicht durchs Wasser waten wollte blieb mir nichts anderes übrig, als über die glitschigen Felsen zu klettern. Jedenfalls war mir nun klar, warum diese voller Seegras waren und kein bisschen Trocken … ich schaffte es mit einiger Kletterei und einem Sprung auf dem letzten Meter zurück zur Plattform von der aus ich wieder nach oben kam …
Die letzten 6 Kilometer des Tages zogen sich gefühlt am längsten. Die Sonne schien inzwischen ziemlich stark und ich wollte Pause machen, aber ohne Schatten, war mir das zu heikel – ich lief also weiter, bis ich endlich nach zwei Kilometer eine Bushaltestelle fand, an der ich mich hinsetzen, meine Schuhe ausziehen und mich eincremen konnte. Nach einer guten halben Stunde machte ich mich auf den Endspurt – nach etwas mehr als 8 Stunden und rund 26 Kilometern erreiche ich endlich Tapia. Ich erhaschte noch einmal einen Blick aufs Meer, bevor ich in mein Quartier ging.
Diese Nacht werde ich in einem kleinen Hotel schlafen … erholen, entspannen und morgen erst am Vormittag losgehen – es sind nur 15 Kilometer und meine Füße brauchen etwas Ruhe.
Fazit:
- Ein guter Tag bedeutet nicht, dass der nächste auch so wird
- Die Kilometerangaben stimmen nicht
- Zuviel Proviant bedeutet zu viel Gewicht, bedeutet langsames Vorankommen … nicht gut
- Ich bin tiefenentspannt – mich bringt grad nichts aus der Ruhe … mal sehen wann ich das wieder vergessen habe – eigentlich schade – ich wär gern immer so
- Morgen Ruhetag – wenig Kilometer und letzter Tag an der Küste – übrigens gehe ich erst morgen nach Galizien!
- Heute habe ich die Grenze von 200 km unterschrittet – es sind noch 199,7 km (falls die Angaben stimmen)