Der Ruhetag in Gijon hatte wirklich gut getan – nachdem ich ausgeschlafen und noch ein bisschen im Hotel gedöst hatte, packte ich gegen halb neun meine Sachen und brach auf. Ziel war ein Frühstück und anschließend zu Decathlon für einen neuen Poncho, mit dem ich den nächsten Regensturm etwas besser überstehen würde. Der Kaffee war wiedernahm perfekt und zusammen mit Churros und Pinchos wirklich sättigend und mit 2,35 Euro einfach nur super günstig.
Vor Decathlon stand eine eine andere Pilgernin, mit der ich ins Gespräch kam – eine Italienerin, die einen Schlafsack benötigte. Ich besorgte mir einen Poncho und wollte gleich zur Metro, die mich aus Gijon rausbringen sollte – ich wollte das Stahlwerk, von dem ich gelesen hatte umgehen.
Die Italienerin folgte mir denn sie hatte das gleiche Ziel aber keinen Plan. Mir war es egal – also liefen wir gemeinsam los. Sie war Ende 30 und unentwegt am quatschen. Wir kamen rechtzeitig an der Station an und nahmen den Zug aus Gijon raus. Als wir aus dem Zug ausstiegen, ging es gemeinsam den Berg hoch. Ich sah noch weitere Pilger und entdeckte unter anderem David – den in Madrid lebenden Italiener, mit dem ich schon einige Male zusammen gelaufen war – ich hatte einen Plan, wie ich die inzwischen etwas nervige Italienerin loswerden würde. Ich beschleunigte meinen Schritt und holte David letztendlich ein. Dann stellte ich ihm meine Begleiterin vor und hoffte, dass sie sich verstehen würden und ich meinen Weg in Ruhe fortsetzen konnte. Als sie sich unterhielten, verlangsamte ich meine Geschwindigkeit, fotografierte und vergrößerte so den Abstand zu den beiden.
Es ging immer weiter bergauf und man konnte gut das riesige Stahlwerk erkennen, dass wie ein Koloss inmitten der Landschaft lag – dreckig, laut und einfach da. Wir ließen das Werk hinter uns und die Straße wand sich unbarmherzig immer weiter den Berg hinauf. Wir erreichten ein Naturschutzgebiet. Michaela lief wieder alleine – David hatte sich abgesetzt und war nicht mehr in Sichtweite – mir schwante schlimmes – die Frau hing mir wieder an den Fersen und quatschte munter weiter. Ich sagte ihr, dass ich jetzt erstmal eine Pause brauchte nach dem anstrengenden Aufstieg und sie ja ruhig schon weiterlaufen könne – Pustekuchen – sie setzte sich ebenfalls hin und blieb …
Der Weg führte 10 km durch ein Naturschutzgebiet – immer wieder bergauf und bergab – wann immer ich langsamer wurde verlangsamte auch sie ihren Schritt – wurde ich schneller, beschleunigte auch sie – ich wurde sie einfach nicht los – also unterhielt ich mich mit ihr. Irgendwann kamen wir wieder an eine Siedlung – Zeit für eine neue Pause. Ich hatte die leise Hoffnung, dass sie ihren Weg einfach fortsetzen würde… falsch gedacht.
Ich ergab mich also erst einmal meinem Schicksal – der weitere Weg war nicht so doll – es kam ein weiteres Stahlwerk – riesengroß – wirklich gewaltig … die restlichen 12 km verliefen direkt entlang einer Schnellstraße mit Schwerlastverkehr vom Stahlwerk, der mit einem Affenzahn an uns vorbei bretterte – es war stellenweise echt gefährlich – ich hätte den Abschnitt in meinem Buch genauer lesen sollen – es wurde sogar davor gewarnt … naja – mir taten die Füße weh, die Umgebung war geprägt von der Schwerindustrie und ich hatte eine Italienerin im Schlepptau, die ich einfach nicht loswurde. Gegen 16 Uhr erreichten wir schließlich Avilés.
Die Stadt war jetzt auch keine Schönheit und die Herberge war so, wie sie beschrieben wurde – dreckig, abgeranzt und wenig einladend – ein Saal mit 24 Stockbetten – Gott sei dank nicht alle belegt – trotzdem … die Betten waren in schlimmen Zustand – die Matratzen durchgelegen aber es gab eine relativ gut ausgestattete Küche – also entschied ich zu kochen. David, ein Franzose und Michaela waren da. Und so sollte es wenigstens noch ein netter Abend zu viert werden.
Für den nächsten Tag entschied ich, so zu starten, dass ich den Weg alleine fortsetzen konnte. So nett die Leute sind – es war ein sehr anstrengender Tag!
Fazit:
- Manche Menschen sind einfach anstrengend und merken es nicht mal – Notiz an mich – bessere Antennen entwickeln für die Momente, an denen ich anstrengend werde
- Es gibt Abschnitte, die muss man sich nicht antun – es ist ok, wenn man eigene Grenzen erkennt und diese auch für sich respektiert
- Ich bin für manche Dinge einfach zu alt – Massenschlafsaal muss echt nicht mehr sein – oder nur im Notfall
- Zwei Italienern hat mein Rezept Spaghetti Tonno geschmeckt – keine Ahnung ob sie nur höflich waren aber ich hab mich gefreut
- Ich hab das Gefühl langsam auf dem Weg angekommen zu sein
- Morgen unterschreite ich die 300km Grenze – der Weg wird auch besser!