Tag 12 – 10. Etappe von Brallo nach Valgas

Der gestrige Abend war feucht und fröhlich… Bier und Wein waren gratis und in Mengen vorhanden – ich habe zum Glück rechtzeitig den Absprung geschafft, sonst wär mir der Start am nächsten Morgen nicht leicht gefallen.

Es war der erste “Schlechtwetter Tag” überhaupt – und das bedeutete lediglich etwas Sprühregen, nur 23 Grad und Wolken. Eigentlich optimale Bedingungen. Ich suchte früh das Regencape des Rucksacks nur um festzustellen, dass keins da war – also nahm ich den Poncho und wickelte den Rucksack darin ein. Das musste reichen …

Den Weg ging ich mit den zwei Frauen aus Frankfurt – mein Ziel war das ca 22 km entfernte Valgas und die beiden wollten noch etwas weiter nach Padron. Auf dem Weg sollte noch ein Wasserfall sein, den wir uns angucken wollten. Also liefen wir los.

Der Weg war relativ ruhig und verlief entlang an Wiesen, Feldern und durch den Wald. Ab und zu kam mal eine kleine Siedlung. Nach 4 km erreichten wir eine kleine Taverne, die regelrecht zum Frühstücken einlud. Also entschieden wir uns eine kleine Rast einzulegen – der Spanier sprach deutsch – so kam auch ein kleines Gespräch zustande.

Als das Frühstück auf dem Tisch stand wurde mir wieder bewusst, dass man sich auch sehr über kleine Dinge freuen kann: ein leckerer Kaffee, Croissant und Brot – dazu saubere Waschräume und freundliche Menschen – mehr braucht’s manchmal nicht.

Nach dem Frühstück liefen wir gestärkt weiter und erreichten alsbald auch den Wasserfall, der etwa 500m abseits des Weges lag und einen Umweg von ca. einem km bedeutete. Als wir dort dann ankamen, zeigte sich, dass sich der Umweg wirklich gelohnt hätte.

Nach dem Umweg setzten wir den Weg fort. Gespräche kamen heute kaum zustande. Jeder wollte für sich sein, und so trotteten wir auf unserem Weg entlang unserem Ziel entgegen.

Es ging immer wieder auf und ab, entlang größerer Straßen oder durch den Wald. Es war der ideale Weg um seinen Gedanken nachzuhängen. Inzwischen häuften sich auch die Wegweiser nach Santiago und die Entfernung nahm zusehends ab – am Ende des Tages sollten es noch ca. 35 km sein.

Wir erreichten gegen Mittag Caldas des Reis. Die Stadt ist von mehreren Flüssen und Strömen umschlossen und auch sonst nicht sehr groß – hat aber eine recht schöne Innenstadt. Heute war Markt – viel los und kaum durchkommen, aber es war mal interessant zu sehen, wie Märkte so in Spanien ablaufen – nämlich chaotisch und sehr laut 😉

Als wir Caldas durchquert hatten, erreichten wir wieder einen Waldabschnitt, bei dem es aber konstant bergauf ging. Wir waren alle recht froh, dass heute nicht so die Sonne brannte, denn es waren auch wieder gehäuft Abschnitte ohne Schatten dabei – und bei praller Sonne auf Asphalt zu laufen ist kein Spaß.

Gegen 13:30 Uhr erreichte ich dann Valgas, verabschiedete mich von meiner Begleitung und war insgeheim ganz froh darüber, denn die letzten beiden Etappen wollte ich eigentlich alleine gehen.

Ich ging zu meiner Herberge und wurde das allererste Mal auf dieser Reise verhältnismäßig unfreundlich begrüßt, was aber nur daran lag, dass die Frau an der Rezeption auf ihrem Handy spielte und sichtlich genervt darüber war, dass sie jetzt schon einen Pilger vor sich stehen hatte, der in die Unterkunft wollte. Also legte sie das Handy weg und überreichte mir frostig mein Formular zum Ausfüllen, bewegte sich aber nicht vom Fleck oder erklärte mir irgendwas.

Ich war trotzdem zufrieden, ging duschen, meine Sachen waschen und legte mich aufs Bett um etwas zu lesen. Ich hatte den letzten längeren Abschnitt geschafft und hatte nur noch zwei Tage bis Santiago de Compostela.

Mein Fazit für heute:

  • Es gibt kein perfektes Wetter
  • Es gibt gute Gründe für Umwege – man muss nur den Mut haben, sie zu nehmen und die Kraft sein Ziel trotzdem zu erreichen
  • Auch wenn man Menschen um sich hat, muss man seinen Weg selbst bewältigen – manchmal helfen sie und manchmal stören sie – aber es ist immer gut jemanden um sich zu haben
  • Es gibt keinen leichten Weg – jeder Weg hat seine Tücken
  • Heute waren es etwas mehr als 26 km – meine Füße geben mir leise den Hinweis, dass sie mich bis Santiago tragen und dann Erholung wünschen!

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