Ich bin in Santiago de Compostela – gelaufen – nicht gefahren.
Ich habe meine Weg aufgezeichnet und laut meiner Aufzeichnung habe ich insgesamt rund 308 km zu Fuß zurückgelegt und das in 12 Etappen. Als Couch Potatoe bin ich da ein kleines bißchen stolz drauf.
Den Weg habe ich heute nicht ganz so früh begonnen, wie die Letzten Tage. Aufgestanden bin ich erst 6:30 Uhr, habe in Ruhe meine Sachen zusammen gepackt, mich fertig gemacht und bin dann erst gegen 7:15 Uhr los gelaufen. Der Stein an der Straße zeigte eine Entfernung von 13,5 km an. Das sollte in etwas mehr als 2 Stunden gut zu schaffen sein.
Was mich erst recht freute, war das es heute Morgen nicht regnete, sondern der Himmel weitgehend wolkenfrei war und ich somit nicht mit Regen rechnen musste.
Auch heute führte mich mein Weg viel durch Wälder, über alte Straßen und durch mittelalterlich anmutende Siedlungen.
Auf den letzten Kilometern ging es kontinuierlich bergauf, aber nicht in dem Maße wie zum Beispiel in Vigo, so dass mich das nicht weiter störte. Ich genoss die Ruhe und suchte Stein um Stein um zu sehen dass ich mich tatsächlich Santiago der Compostela näherte.
Die letzte Siedlung, die ich erreichte lag ungefähr 6 km vor Santiago und war die erste Siedlung, die sehr viel moderner anmutete, als alle anderen zuvor. Die Straßen waren breit, die Geschäfte waren modern und es gab sogar neumodische Wohnblöcke, die sehr viel moderner wirkten, als zum Beispiel die Bauten aus den siebziger Jahren in Vigo.
am Wegesrand, fand ich dann eine alte Kapelle, die mich wieder an den Jakobsweg erinnerte und für sich genommen ein ebenfalls sehr schönes Bauwerk war.
Als ich Milladoiro durchquert hatte, konnte ich bereits einen ersten Blick auf Santiago de Compostela werfen. Die Stadt war in der Entfernung gut zu sehen und das Ziel war somit nah und erstmals erreichbar.
Eine lustige Entdeckung übrigens am Rande, als ich noch vor Milladoiro war, zeigte der Kilometerstein noch eine Entfernung von rund 7,6 km an. Als ich dann den Wald hinter Milladoiro wieder betrat, zeigte der Wegstein eine Entfernung von 7,1 km an – ich war aber inzwischen deutlich mehr als 2 km gelaufen. Offensichtlich wurde die Entfernung noch mal neu korrigiert, da zwischenzeitlich eine Autobahn gebaut wurde, die man umständlich umlaufen musste. Es ist also gut möglich, dass ich hier die Entfernung wieder mal geändert hatte. Aber das war ja nichts Neues.
Es ging noch ein paar mal Bergauf und Bergab, über alte Pfade, und plötzlich stand ich völlig unspektakulär in Santiago de Compostela.
Da ich auf dem Weg zur Kathedrale an meinem Quartier vorbei laufen würde, entschied ich mich dazu, erst einmal ins Quartier zu gehen, um mich zu duschen und umzuziehen. Zum Glück war das völlig unkompliziert möglich und ich konnte trotz der frühen Zeit schon auf mein Zimmer. Ich erholte mich ein bisschen aus begab mich dann auf den Weg in die Stadt um die Kathedrale zu sehen und mir die Compostela zu holen.
Santiago selbst ist faszinierend. Die Stadt – speziell die Altstadt – macht einen sehr schönen Eindruck. Alte Häuser schmale Gassen und immer die Kathedrale im Hintergrund. Als ich die Kathedrale erreichte, erst einmal ein Schreck! Eine riesige Schlange von Menschen die dort anstand um in die Kathedrale zu kommen – Einen Wartezeit von locker zwei Stunden.
Da ich aber nicht so lange warten wollte und mir meine Compostela abholen wollte, fragte ich mich durch und fand heraus, dass es diese nicht in der Kathedrale gab, sondern in einem speziellen Büro für Pilger. Man erklärte mir den Weg und ich machte mich auf selbigen.
In der Hoffnung dass doch nicht so viel los ist, ging ich in das Büro und stellte fest, dass es offensichtlich mehr Pilger gab als ich gedacht habe. Auch hier musste ich etwas mehr als eine halbe Stunde warten, aber das war’s mir wert.
Endlich hielt ich meine Compostela in den Händen. Ich war ziemlich aufgewühlt, auch weil die Menschen hier extrem freundlich waren, und man merkte an den Reaktionen der Menschen Anerkennung, Freude und Respekt für das was man geleistet hat. Das macht mich ein klein wenig stolz, auf das was ich in den letzten zwei Wochen erreicht habe – auch wenn es nur laufen war.
Auf dem Rückweg zur Kathedrale wurde mir noch mal die besondere Stimmung bewusst. Mir kam eine Gruppe von jungen Frauen entgegen, die auf dem Weg zur Kathedrale war und vor lauter Freude jubelte und ein Lied anstimmte – das war echt überwältigend!
Überall waren Menschen denen man die Freude und den Stolz über das was sie geschafft hatten ansehen konnte.
Am Abend begab ich mich in den Gottesdienst für Pilger, und auch wenn ich nichts verstanden habe war es ein wirklich sehr schöner und bewegender Gottesdienst. Ich habe die Stimmung in mich aufgenommen, Kerzen angezündet und fast 2 Stunden in dem Gotteshaus verbracht.
Für mich ist heute ein sehr schöner Tag zu Ende gegangen und auch wenn der Weg immer mal sehr anstrengend war, so würde ich trotzdem gerne weiter laufen. Die Routine und der Weg hatten etwas beruhigendes und es ist schade, dass die Zeit so schnell vorbei war.
Mein Fazit:
- Ich bin in Santiago! Ich bin gelaufen und ich fühle mich gut!
- Ich würde gerne weiter laufen
- Heute waren es nur 16 km
- Anerkennung, Freude und Stolz – all das sind Gefühle, die mir abhanden gekommen sind – und die so wichtig sind um zu wissen, wofür man lebt …
- ich werde wiederkommen – ich weiß nicht wann und ich weiß auch noch nicht auf welchem Weg – aber mein Pfad ist noch nicht zu Ende!
- Heute gibt es keine Karte – die Aufzeichnung ist leider nicht vollständig – aber ich will eh noch eine komplette Karte zeichnen